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Ein aktuelles Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) hat den heimischen Mietmarkt erschüttert: Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen sind nur dann gültig, wenn ausdrücklich festgehalten ist, dass die Miete in den ersten zwei Monaten nach Vertragsbeginn nicht erhöht wird. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, könnten Mieterinnen und Mieter bis zu 30 Jahre rückwirkend zu viel gezahlte Mieten zurückfordern – vorausgesetzt, ein Gericht bestätigt die Ungültigkeit der jeweiligen Klausel. Eine automatische Rückzahlung gibt es nicht, jeder Fall muss einzeln geprüft werden.
Die Immobilienbranche zeigt sich alarmiert. Laut Schätzungen könnten bis zu 800.000 Mietverhältnisse betroffen sein. Die wirtschaftlichen Folgen könnten so gravierend sein, dass sogar eine Wirtschaftskrise nicht ausgeschlossen wird. Branchenvertreter warnen vor sinkenden Einnahmen, eingefrorenen Mietzinsen und einem Mangel an Kapital für notwendige Investitionen wie thermische Sanierungen oder Klimaschutzmaßnahmen.
Neben der wirtschaftlichen Verunsicherung sorgt auch das politische Handling des Themas für Kritik. Der Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) wirft der Regierung – insbesondere der ÖVP und den Grünen – vor, die Gesetzeslage nicht rechtzeitig angepasst zu haben. Noch seien viele juristische Fragen offen, etwa zur Verjährung: Müssen zu Unrecht bezahlte Beträge drei oder sogar 30 Jahre rückwirkend erstattet werden? Der Oberste Gerichtshof (OGH) wird dies in kommenden Einzelverfahren klären müssen.
Die Bundesregierung will nun bis Herbst eine gesetzliche Lösung präsentieren. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) arbeitet gemeinsam mit Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ), der ÖVP und NEOS an einem entsprechenden Paket. Auch Konsumentenschutzministerin Korinna Schumann (SPÖ) kündigte Verhandlungen an. Laut einem Bericht der Presse liegt ein erster, noch nicht veröffentlichter Gesetzesentwurf vor. Darin ist vorgesehen, Rückforderungen auf drei Jahre ab Kenntnis der Unwirksamkeit – und höchstens fünf Jahre ab Zahlung – zu begrenzen.
Die Grünen äußerten sich kritisch zum Vorgehen der Koalition. Die geplante Regelung diene ausschließlich den Interessen großer Vermieter und sei intransparent. Mieter würden kaum profitieren. Die FPÖ forderte eine rasche und ausgewogene Neuregelung. Indexierungen seien nicht grundsätzlich abzulehnen, müssten jedoch fair und nachvollziehbar gestaltet sein.
Die Mietervereinigung rechnet in den kommenden Wochen mit einem deutlichen Anstieg an Anfragen. Viele Betroffene seien allerdings noch unsicher, wie sie vorgehen sollen. Präsident Georg Niedermühlbichler rät zur juristischen Beratung, warnt aber auch vor überzogenen Erwartungen: Jeder Einzelfall müsse konkret geprüft werden.
Das VfGH-Urteil hat eine politische und wirtschaftliche Kettenreaktion ausgelöst. Während Mieter hoffen, zu viel gezahlte Beträge zurückzuerhalten, stehen Immobilienwirtschaft und Regierung unter Druck. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, wie gerecht und tragfähig eine neue gesetzliche Lösung aussehen kann.
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